Der Schatz der Schriftgelehrten
„Darum ist jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger des Reichs der Himmel geworden ist, gleich einem Hausherrn, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorbringt.“ (Mt.13,52 REÜ)
Der Schwerpunkt der Lehre Jesu war das Reich Gottes (Himmelreich, Königreich Gottes). Dem Herrn ging es nicht nur um die Erlösung und Befreiung des Menschen sondern um den ganzen Plan Gottes. Natürlich, ohne die Wiedergeburt gibt es kein Verständnis über das Reich Gottes (Joh.3,1-8) und wir wissen, daß Umkehr und Erneuerung nötig ist. Für Jesus war das aber nur der Anfang, das Tor zum Reich Gottes, er wollte seine Jünger tiefer in das Werk Gottes bringen. In vielen seiner Predigten und Unterweisungen lehrte er über das Reich Gottes. Als Jesus seine Jünger aussandte, in jedes Dorf, zu jedem Haus zu gehen, gab er ihnen den Auftrag, das Reich Gottes zu verkündigen, Kranke zu heilen und Dämonen auszutreiben (Luk.9, 1-6; 10,1-12). Und nach seiner Auferstehung lehrte Jesus seine Jünger nochmal 40 Tage über die Dinge des Reiches Gottes (Apg.1,3). Wir Christen lehren viel über Heiligung, Berufung, Gemeinde, Heiliger Geist oder Seelsorge, Jesus machte es nicht. Er konzentrierte sich auf das Reich Gottes und lehrte nicht nur darüber, sondern demonstrierte es auch mit Taten, Zeichen und Wundern. Jesus wollte die Jünger auf die kommende Herrschaft Gottes vorbereiten. Mit Worten und Taten machte er die Prinzipien des Himmelreiches verständlich, damit sie nach seinem Weggehen fähig wären, diese umzusetzen.
In Mt. 13 lehrt Jesus über das Reich Gottes in sieben Gleichnissen, um seinen typischen Charakter deutlich zu machen: Es beginnt klein und unscheinbar, es wächst exponential, es braucht optimale Wachstumsbedingungen, es ist sehr kostbar, es muss von ganzem Herzen gesucht werden, es wächst zusammen mit anderen Dingen, es wird eine Ernte geben, wo das Schlechte aussortiert wird. Die Ausbreitung des Reiches Gottes geschieht nach einfachen Grundprinzipien, die wir auch in der Natur finden. Die Prinzipien müssen gelehrt und verstanden werden, deshalb hat Jesus oft darüber gelehrt.
Am Ende der 7 Gleichnisse nimmt Jesus Bezug auf den jüdischen Schriftgelehrten, dessen Aufgabe es damals war, dem Volk die Geheimnisse des altestamentlichen Gesetzes zu erklären. Hinfort wird es andere Lehrer geben, sagte Jesus, es sind Jünger, die das Verständnis über die Prinzipien des Reiches Gottes gelernt haben:
„So wird es denn künftig neue Gesetzeslehrer geben, solche, die gelernt haben, was es mit der Herrschaft Gottes auf sich hat. Diese Gesetzeslehrer sind zu vergleichen mit einem Hausherrn, der aus seiner Vorratskammer (Schatz) Neues und Altes herausholt.“ (Mt. 13.52, GN)
Die neuen Lehrer des Reiches Gottes sind eine Art Sachverständige, die es verstehen, die herrlichen Schätze des Reiches Gottes zu bergen und sie den lernenden Jüngern zugänglich zu machen. Dabei holen sie „Neues und Altes“ aus dem Schatz hervor. Sicher ist damit zunächst der alte und der neue Bund gemeint. Beide sind eine Fundgrube zum Verständnis über die Dinge des Reiches Gottes. Beide gehören zusammen und bilden den Charakter des neuen Menschen, der das Reich erben wird. Was im Alten Testament nur prototyphaft vorhanden war, kommt im Neuen zur vollen Entfaltung und wird von Jesus zum Standard erhoben. Hier ein paar Beispiele:
Der Dienst im Hause Gottes
Im jüdischen Tempel gab es fünf Abteilungen, in denen die Priester und Leviten für den Gottesdienst tätig waren. Eine Abteilung waren die Aufseher über die Schätze (1.Chr. 23-26). Das ist ein Bild, das Paulus auf die Gemeinde Jesu überträgt und Neues hinzufügt, wenn er von Christus spricht, „ in dem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind“ (Kol.2,3). Denn im Neuen Bund ist Jesus der geistliche Tempel, in dem alle Schätze zu finden sind. Nicht Gold und Silber, auch nicht Kopfwissen und menschliche Weisheit, sondern die „Geheimnisse“ der Herrlichkeit Gottes sind damit gemeint. Der Apostel bezeichnete sich, seine Mitarbeiter und andere als Verwalter der Geheimnisse Gottes. Ihre Aufgabe war es, die Schätze zu bewahren und sie der Gemeinde und der Welt zugänglich zu machen (1.Kor. 4,1). Paulus nannte sich selbst Lehrer der Nationen (1.Tim 2,7). Ohne seine Lehrbriefe und die der anderen Apostel wäre das neue Testament nicht vollständig. Um die Briefe zu schreiben schöpften sie gleicherweise aus dem alten und aus dem neuen Bund, der gerade begonnen hatte. Sie hielten sich an das Vorbild Jesu, der zwar die Masse gelehrt hatte und viele Wunder und Zeichen tat, doch letztlich seinen Wirkungsschwerpunkt auf das Training seiner Jünger setzte. Er gab ihnen den Auftrag zu allen Völkern zu gehen und sie zu lehren, „alles zu bewahren, was er ihnen geboten hatte“. Auch Paulus setzte seinen Fokus auf die Ausbildung und Belehrung von Jüngern (2.Tim.2,2). Gott offenbarte ihm das Geheimnis, daß Jesus der Gemeinde fünf Dienste gibt. Sie sollten die Gemeinde nicht nur auferbauen, sondern auch die Einzelnen zum Dienst befähigen. (Eph.4,11/ 1.Kor.12,28). Ihre Hauptaufgabe ist die Ausbildung der Gläubigen, was immer mit Lehren und Trainieren zu tun hat. Die Lehre sollte immer mit der praktischen Anwendung verbunden sein, wie Jesus selbst es bis zum Tod vorgelebt hat. Anders als die Schriftgelehrten seiner Zeit, die nur lehrten und selbst nicht danach lebten, verband Jesus seine Lehre immer mit der entsprechenden Praxis und zeigte sich als Vorbild in allen Dingen. Damit gab er den Gläubigen ein Beispiel zum Dienst im Reich Gottes. Die Leute die ihn hörten staunten über seine Lehre, „denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten“ (Mt.7,29).
Jüngerschaftsauftrag
Echte Jüngerschaftsbeziehungen gab es im Alten Testament nur vereinzelt, z.B. bei Mose und Josua und bei Elia und Elisa. Jesus erhob das „Jüngermachen“ zum großen Auftrag. Alle Völker sollen zu Jünger gemacht werden. Er lebte das mit seinen 12 Jüngern vor, Paulus und die anderen Jünger ahmten diese Haltung nach, indem sie zahlreiche Jünger für das Reich Gottes trainierten.
Die Gemeindestruktur
Das Volk Israels versammelte sich in der Wüste in Stämmen, Sippen und Familien um die Stiftshütte herum und die Ältesten hatten die Aufsicht. Die Familien bildeten die Basis der Gemeinschaft, wo die Familienoberhäupter das geistliche Training ihrer Kinder übernahmen. Im Allerheiligsten dienten die Leviten in der Gegenwart des Herrn. Im Neuen Bund ist es ähnlich, da dienen die fünf Dienste im Zentrum der übergeordneten Gemeinde (Eph.4,11-12). Neu ist, daß sie Trainingslager bilden, wie z.B. Paulus in der Schule des Tyrannus in Ephesus oder auch reisende Dienstteams. Die Ältesten haben die Aufsicht über das Netzwerk der kleinen Hausgemeinden, das wie ein geistlicher Stamm ist. In den Hausgemeinden sind die Väter und Mütter für den geistlichen Familienverband verantwortlich. Die christliche Haustafel (siehe Epheser- und Petrusbrief) regelt das Zusammenleben der Geschwister. Paulus spricht von den Hausgenossen Gottes, geistliche Kinder die im Vaterhaus leben (Eph.2,19). Auch die anderen Apostel lehnen sich in ihren Briefen an die Strukturen und Werte der hebräischen Familie an, wie sie uns im Alten Testament vorgestellt wird.
Und der Heilige Geist gab Neues dazu, ihnen wurde als Juden ein Geheimnis offenbart, nämlich, „daß die Nationen Miterben des Reiches sein sollen“ (Eph.3,6a). Jesus hatte es schon angedeutet, als er sich um den Hauptmann von Kapernaum und um die kanaanäische Frau kümmerte. Petrus brauchte eine neue Begegung mit einem römischen Hauptmann, mit Kornelius, um das endlich zu verstehen. Auch Jakobus holte das Alte aus dem Schatz hervor und verband es mit dem Neuen, als er an die alte Verheißung aus Jes. 61,4 erinnerte: „Nach diesem will ich zurückkehren und wieder aufbauen die Hütte Davids …“. Damit meinte er aktuell die Gemeinde des neuen Testaments, die keine Mauer und keine denominationelle Grenze hatte, damit Jeder aus den Nationen einfach dazukommen konnte.
Wer aufmerksam das Neue Testamtent untersucht, wird sehen, daß die Apostel permanent lehrten, indem sie als „neue Schriftgelehrte“ Altes und Neues aus dem Schatz hervorholten. Damit nahm die Gemeinde Gestalt an und die Gläubigen wurden trainiert. Über die erste Gemeinde lesen wir: „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel“ (Apg.2,42). Täglich lehrten sie im Tempel, also öffentlich und eben auch in den Häusern, das waren die jüdischen Familien.
Wir leben jetzt in einer Zeit, in der das Neue von damals wieder in Vergessenheit geraten ist und damit wieder alt geworden ist. Schriftgelehrte des Neuen Bundes sind wieder nötig, damit die alten Wahrheiten wiederhergestellt werden und Neues dazu kommt. Der Geist Gottes ist immer wieder neu und frisch, er wird für uns das Alte hervorholen und es mit Neuem verbinden. Wenn Jesaja sagt: „Siehe, ich wirke Neues! Jetzt sproßt es auf. Erkennt ihr es nicht.“ (43,19), dann gilt das auch für uns heute. Die Dienste allein sollen nicht die Reich- Gottes- Arbeit tun, sie sollen mehr Lehrer und Trainer der Heiligen sein, die für den Dienst freigesetzt werden müssen. Es wird ein Wandel geschehen, vom Macher zum Mentor, vom Seelsorger zum Coach, vom Spieler zum Trainer, der sich der Ausbildung und dem Trainig der Jünger widmet – nur so kann sich das Reich Gottes im Sinne Jesu ausbreiten.
Richard Schutty
(Die Bibelstellen sind der Rev. Elberf. Übers. Entnommen.)
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