Jüngerschaft, was ist das

Stärkung für den Weg

In christlichen Kreisen begegnet uns oft ein unterschiedliches Verständnis von Jüngerschaft. Eine gute Definition kann uns helfen zu verstehen, was eigentlich Jüngerschaft ist.

Was ist ein Jünger, was bedeutet das Wort Jünger?
1. Im heutigen Sprachgebrauch benennt das Wort Jünger jemanden, der sich einer religiös prägenden Persönlichkeit anschließt. Es ist ein Angehöriger, bzw. ein Gefolgsmann einer gemeinschaftlich folgenden Gruppe von Gleichgesinnten, die  sich alle auf eine bestimmte Leitfigur und deren Lehren und Wirken ausrichten. ( Wikipedia)
2. Die englische Bezeichnung  für Jünger ist „deciple“, es erinnert an das Wort Disziplin, ohne die echte Jüngerschaft nicht möglich ist:  „Disziplin“ als Übung, in der ein Lebensprinzip erlernt werden soll. Also Diziplin als Ausbildung in Theorie und Praxis. Vergleichbar mit einer Berufsausbildung, bei der ein Lehrling, begleitet durch einen Meister, ein Berufshandwerk erlernt. Ein Jünger muss auch diszipliniert sein, um zu lernen.  In Verzicht, Ausdauer und Training, übt er sich im Kampf um zu gewinnen. Wer bereit ist, in den Wettkampf einzusteigen und die Regeln befolgt, wird am Ende den Siegeskranz bekommen. Paulus sagt es so in 1.Kor.9,25 und 2.Tim.2,3-5.
3. Der griechischen Wort Jünger in der Bibel: Das Neue Testament bezeichnet allgemein alle Nachfolger Jesu als Jünger (Apg. 11,26). Wir finden das in unterschiedlichen Bezügen. Jünger wurden die 12 Apostel Jesu genannt,  aber auch der erweiterte Kreis der „70 Ausgesandten“. Auch die 120 im Obersaal und die 500 „Brüder“, denen Jesus erschien wurden Jünger genannt. Jeder Mensch, der  heute, Jesus nachfolgt kann auch Jünger genannt werden. Das griechische Wort ist mathetai, es bedeutet Lehrling oder Schüler.

Jesus hat seine Jünger ausgesandt alle „Nationen“ zu Jünger zu machen.
Nach seiner Auferstehung beauftragte Jesus seine 12 Jünger andere Menschen zu Jünger zu machen (Mt. 28,18-20). Wörtlich heißt es dort im großen Missionsbefehl: „Geht nun hin und macht alle Nationen („ethnien“) zu Jüngern, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles zu bewahren, was ich euch geboten habe! Der Auftrag andere zu Jünger zu machen, bezieht sich auf Menschen aus allen Volksgruppen der Erde und beinhaltet drei Dinge:
1)      Hingehen zu den verschiedenen Völkern
2)      sie evangelisieren und dann taufen  (Gläubige sollen getauft werden, Mk. 16)
3)      sie lehren, alles zu bewahren, was Jesus geboten hat
Ich sehe hier einen Unterschied zwischen der Evangelisation, bei dem das Evangelium den Menschen mit mitfolgenden Zeichen verkündigt (= euangelizō) und gepredigt (= kerysso) wird (Röm. 8, 15) und dem Lehren (didasko), bei dem die gläubig gewordenen unterwiesen und trainiert werden. Beides sind zwei verschiedene Tätigkeiten, die nacheinander folgen, aber zu dem einen Auftrag gehören. Den Text könnte man auch so übersetzen: „Machet sie zu Jüngern, indem ihr sie tauft und sie lehrt alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“, oder „Machet sie zu Jüngern, sie taufend und lehrend.“
In der Regel wurden in der Geschichte der Christenheit die Gläubigen, die sich durch die Verkündigung bekehrt hatten, noch vor ihrer Taufe ausführlich unterwiesen. Das geschah in der Katechumene, einer Art Taufvorbereitung, die dazu diente, die Kandidaten in den Grundlagen des Glaubens zu festigen. Zu manchen Zeiten dauerte das mehrere Jahre und wurde auch mit Seelsorge unterstützt. Noch heute gibt es in den Kirchen den „Katechismus“, ein Buch, das die jungen Gläubigen in den wesentlichen Dingen des Glaubens unterrichtet. Dazu gehört die Darstellung der christlichen Lehre mit der Kirchenpraxis und die Erläuterung des Glaubensbekenntnisses. Heute machen viele Freikirchen mit ihren „Anfängern“ Glaubensgrundkurse, die einen ähnlichen Zweck erfüllen. Das alles  gehört an den Anfang des Glaubens, ist aber nocht nicht die eigentliche Jüngerschulung.
Wenn Jesus sagte, „lehrt sie alles zu bewahren, was ich euch geboten habe“, dann meinte er damit nicht nur die Unterweisung in den Glaubensgrundlagen, die zum allgemeinen „christlichen Glaubensüberbau“ gehören,  sondern er bezog sich dabei insbesondere auf die konkreten Anweisungen, die er im Laufe seines Lebens  den Jüngern gegeben hatte. In Joh. 15,15 sagt Jesus, dass  wir in „Seinen Worten  bleiben sollen und seine Worte in uns bleiben sollen“.  Dabei  geht es besonders um die Veränderung unseres Charakters und unserer Persönlichkeit – alles soll neu werden. Jesus möchte, dass seine Jünger den Lebensstil des Reiches Gottes erlernen. Ihre Gesinnung soll ganz auf Ihn ausgerichtet sein, damit Christus selbst Gestalt in ihnen gewinnt. Dadurch wird eine Transformation geschehen. Dieser tiefere Ansatz ist in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes Jünger zu erkennen. Das Kennenlernen von theoretischen Glaubensdogmen und das Befolgen einer bestimmten kirchlichen Glaubenspraxis ist zu wenig, um in diesen ganzheitlichen Umgestaltungsprozess zu kommen. Die persönliche Beziehung zu Jesus Christus als Leitfigur und die Prägung in sein Vorbild müssen im Mittelpunkt stehen. Der Jünger hört und tut, was Jesus ihm persönlich sagt. Jesus sagte, wir sind seine Freunde, wenn wir tun, was er uns gebietet (Joh.15,14). Hier einige Grundsätze, die helfen, das genaue Bild eines Jüngers zu erfassen:

Ein Jünger hat sein Leben ganz an Gott hingegeben
In Röm. 12,1-3 setzt Paulus den Maßstab für Jüngerschaft, in dem er die Gläubigen anmahnt, ihr Leben Gott ganz als ein Opfer zur Verfügung zu stellen. Ein Jünger verfügt nicht mehr über seine Zeiteinteilung, über seine Ortsbestimmung, über sein Geld u. a., sondern Gott tut es. Sein Ziel, seine Bestimmung ist es, ganz für den Herrn da zu sein und nicht für die eigenen Bedürfnisse. Damals, wie  heute entspricht diese Art ganzer Hingabe nicht der Norm in unseren Gemeinden. Ein großer Teil der Gläubigen sind Christen, die nur Teilbereiche ihres Lebens Gott zur Verfügung stellen. Ein Jünger aber ist nicht geteilt, er will in allen Lebensbezügen den Maßstab Jesu ausleben. Jesus sagte zu allen, die ihn hörten: „Wer nicht … sich selbst verleugnet …  sein Kreuz trägt, kann nicht mein Jünger sein“. In vielen anderen Versen spricht Jesus über die Bedingungen der Jüngerschaft. Er sagt damit auch, dass nicht jeder sein Jünger sein kann.

Ein Jünger ist über die Grundlagen des Glaubens hinausgewachsen
Gemeint ist die Milch des Glaubens, das „Wort vom Anfang“, wie wir es in Hebrärer  6,1-2 lesen:
1)    Buße von toten Werken (Umkehr und Wiedergeburt)
2)    Lehre von Waschungen (Taufe im Wasser, Heiligung im Wort)
3)    Handauflegung (Erfüllung im Heiligen Geist und Empfang von Gaben)
4)    Totenauferstehung und das ewige Gericht (Verständnis über Gemeinde und Heiligung).
Der Jünger lebt schon in diesen Grundlagen und hat sich sich der „vollen Reife“ zugewandt. Christus ist als Fundament in seiner neuen Persönlichkeit gelegt worden. Verletzungen und falsche Verhaltens-muster aus seiner Vergangenheit blockieren ihn nicht mehr. Mit Erfolg hat er gelernt, sein altes Leben abzugeben und wandelt immer stärker im Glauben, in seiner neuen, von Gott gegebenen Identität.

Ein Jünger hat geistliches Unterscheidungsvermögen
Der Jünger hört die Stimme Seines Herrn.  Wie die Schafe ihrem Hirten folgen, so folgt er der Stimme Jesu. Er wird vom Geist Gottes geleitet und von Gott direkt geführt. Er prüft jede Lehre und kann das Falsche vom Richtigen unterscheiden. Er weiß, was für sein Glaubensleben notwendig ist. Er braucht  keinen „Pastor“, der ihm den richtigen Weg zeigt, er ist selbständig und empfängt die Anweisungen des Geistes direkt. Er hat gelernt, die Stimme des Hirten zu erkennen und kann andere mitnehmen, die sich nach ihm orientieren. Er kann unterscheiden, was „der gute, wohlgefällige und der vollkommene Wille Gottes“ ist (Röm.12,1-3).

Ein Jünger steht in einer starken persönlichen Beziehung zu Jesus Christus
Er wird nicht durch christlich- moralische Wetvorstellungen geleitet und nicht durch ein geistliches Programm.  Er hält sich auch nicht an eine Liste christlicher Regeln, sondern lebt aus der direkten Beziehung zu Jesus, wo er durch Seine „Augen geleitet wird. Dadurch ist er frei vom alten Gesetz und meidet neue christliche Gesetze. Er wird vom Geist Gottes immer wieder neu inspiriert.

Ein Jünger ist zugerüstet zum Dienst (Eph.4,11)
Er wird durch die Dienste aus Eph.4,11 zum „Werk des Dienstes“ zugerüstet und auferbaut. Somit ist er in die Entwicklung seiner Berufung bereits eingestiegen und wirkt schon in seinen natürlichen und geistlichen Gaben, wo Gott es von ihm möchte. Jesus sagte: „Jeder (Jünger) aber, der vollendet ist (voll zugerüstet)  ist, wird sein, wie sein Lehrer“ (Luk.6,40). Trotzdem befindet sich jeder Jünger auch in einem Wachstumsprozess zu mehr geistlicher Reife und Frucht. In Christus ist er zwar vollendet, doch bemüht er sich noch in Christus Gestalt zu gewinnen. Deshalb sagte Jesus in Joh.15, 8: „Hierin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringt und meine Jünger werdet“.

Richard Schutty

(Die Bibelstellen sind der Rev. Elberf. Übers. Entnommen.)

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