Texte zur Reformation 2.0: Wohnen in Laubhütten, das Regierungsgebäude im Himmel
Im Laufe des Tages machte ich einen Spaziergang im modernen Jerusalem und kam so in den großen hügeligen Park rings um die Knesseth, das Parlamentsgebäude Israels. Unerwartet sagte der Herr da zu mir: „Wir werden das Laubhüttenfest feiern.“ – Während ich über diese Worte nachdachte, fügte er eine Weile später hinzu: „von jetzt an“. Als ich mich von diesen Worten durchdringen ließ, fuhr Er fort: „Wir werden die festgebauten Häuser und die Fleischtöpfe verlassen, uns auf den Weg machen und in Laubhütten und Zelten wohnen.“ Das war genug, um darüber nachzudenken in der Ruhe des Parkes. Schließlich kam ich vor den Haupteingang der Knesseth. Als einziger Spaziergänger stand ich da vor dem Regierungsgebäude Israels. Aufs Neue nahm der Herr das Wort: „Und meine Regierungs-gebäude sind im Himmel.“
Mein erster Gedanke war der von Ungläubigkeit: „Herr, wie willst du das ganze Christenvolk Europas in Bewegung bringen, um es aus einer jahrhundertelang festgegründeten Ordnung wegzubringen?“ Jesus sagte: „Wenn jemand nicht seine Familie, seinen Besitz und sogar sein Leben zurücksetzt hinter mich, kann er mein Jünger nicht sein.“ Und einen Augenblick später: „Niemand von euch, der nicht verzichtet auf alles, was er hat, wird mein Jünger sein können.“ Das kann auch heute hart ankommen, aber es sind die eigenen Worte Jesu. Man kann Priester, Pastor, oder Vorsteher sein, Bischof, Superentendent, Ordensmann- oder frau, ohne daß man Jünger ist. Indessen kann ein gewöhnlicher Christ es wohl sein. Öfters begegnete ich Christen, die sich voll als Jünger verstanden und die sich enttäuscht, bedroht oder sogar verletzt fühlten, wenn sie von diesem hohen Preis hörten, wie der reiche jungen Mann, der auch enttäuscht fortging. Auch wenn man so leicht sagt: „diese Hingabe habe ich vor so und so vielen Jahren schon vollzogen“, kann das verdächtig sein, denn damit sagt man eigentlich, daß man sich seit dem auf seinen Lorbeeren ausruht. Vielleicht hat man sich dann zu schnell zum Jünger promoviert.
Von jenen echten Jüngern waren vor Pfingsten ungefähr 120 beisammen im Gebet. In diesem Kreis gab es eine kleinere Anzahl, die durch ihre geprüfte Treue zu wahren Freunden Jesu geworden waren: „Ihr seid mir in allen meinen Versuchungen treu geblieben… euch nenne ich meine Freunde.“ Auch hierbei gab es wieder Unterschiede. Petrus, Johannes und Jakobus hatten eine noch innigere Beziehung zu Jesus.
Johannes der Täufer spricht sogar von einer noch tieferen Beziehung zu Jesus: „Wer die Braut hat, ist der Bräutigam“. Der Freund steht daneben und freut sich über die Stimme des Bräutigams. Dieses Brautverhältnis ist nicht ein bestimmter kirchlicher oder klösterlicher Status, wie man manchmal vorgibt, sondern es deutet auf eine noch tiefere Liebe hin, die sich in Besitz nehmen lassen will, in einer Hingabe ohne irgendeinen Vorbehalt oder eine Erwartung für sich selbst, wobei man immer nur Jesus gefallen will und so geistlich fruchtbar wird.
Aber auch Bräutigam und Braut und sind noch zwei Persönlichkeiten. Man kann so mit Jesus zusammenschmelzen daß man ein Leib wird, nämlich seinen Leib: Nicht ich lebe mehr, nur Christus lebt in mir (Gal. 2, 20).
Frans Horsthuis, Der Königliche Weg, S. 257-259